Radreise durch Schwarzafrika.

Eigentlich war ja alles nur eine alberne Wette: „Hast Du „le palle“ (auf italienisch: die Eier dazu), eine Radtour durch Halb-Afrika zu machen?“ Die Eier habe ich nicht, den Mut schon, war meine Antwort. Top, die Wette gilt! Aus der Nummer kam er jetzt nicht mehr raus. „Er“ heißt Walter, mit dem ich eine Rennradtour durch Südafrika organisierte und der mich so herausforderte, noch zwei Monate mit ihm durch die Hitze zu strampeln. 

Gut, nach unserer erfolgreichen Rennrad-Tour mit Kunden in Südafrika (siehe Text) und anschließender Abenteuertour durch das nördliche Südafrika und Lesotho (siehe Text) machen wir uns nun auf den Weg, um Malawi und Tansania mit dem Rad zu durchqueren.

Start ist Lilongwe, eine typisch afrikanische Hauptstadt: es gibt nichts zu sehen, nichts zu kaufen und überhaupt nur ein einziges akzeptables Backpacker-Hotel, das Mabuya-Camp-Hostel. Nach ein paar organisatorischen Dingen starten wir recht schnell auf den Weg gen Norden. Wir wählen die Route im Inland und nicht die entlang des Sees, da wir hier auf der Höhe in der Frische fahren wollen und so nicht der geißelnden Sonne unten am See ausgesetzt sind.

Nach all dem Luxus in Südafrika (auch wenn in den niederen Kategorien), ist Malawi nun das Kontrastprogramm schlechthin! Kein Tourismus, deshalb auch keine Infrastrukturen, die uns den Aufenthalt erleichtern könnten, dafür tausende von staunenden Kindern am Wegesrand, kleine malerisch gelegene Dörfer in der bergigen Landschaft, Restaurants, die noch nie einen Ausländer verköstigt haben, lachende Erwachsene, die uns erstaunt dabei zugucken, wie wir die Satteltaschen auf die Räder packen, manchmal das Regencape auspacken und somit für alles gewappnet sind. Wir schlafen in den wenigen kleinen Orten, die die Straße säumen. Hier gibt es Guesthouses, die sehr!!! einfach, aber immer sauber sind.

Manchmal gibt es jedoch keine und in einer Nacht gewährt man uns Unterschlupf in einer ehemaligen Lodge, in der heute nur noch die Betten stehen und ein paar Einheimische wohnen. Der „Hausmeister“ kümmert sich rührend um uns, im Bad gibt es kein fließend Wasser und kein Licht, er stellt mir also einen Kübel warmes Wasser, das er auf dem Feuer angeheizt hat, in die Wanne und Kerzen auf den Fenstersims. Mir kommt meine Mutter in den Sinn, die sich häufig über die fehlende Ablage im Hotelbad beschwert. „Mama, hier fehlt nicht nur die Ablage!“, will ich ihr dann zuflüstern. Romantischer geht es kaum und in der Dunkelheit sieht man den Dreck erst gar nicht. 

Tagelang fahren wir auf der Straße gen Norden, kaufen Obst am Wegesrand, stellen uns mit den Frauen aus dem Dorf unter völlig durchlöcherten Planen unter, um uns vor dem Platzregen zu schützen und knüpfen mit den Einheimischen auf den kleinen Märkten Kontakt. Es ist eine „richtige“ Afrika-Erfahrung und mit dem Rad besonders schön, da man langsam unterwegs ist, mit seinen eigenen Limits kämpfen muss und stets ins Ungewisse fährt!

Auch die Malawier fahren wunderschöne, geschmückte Räder, verziert und angemalt. Sie haben kein Geld für Autos oder Motorräder. Auf dem Hinterrad befindet sich ein gut gepolsterter Beifahrersitz mit Stützen an den Rädern um Passagiere aufnehmen zu können, denn die sind hier die Taxen. Fröhlich fahren sie zwischen den Dörfern hin und her und oft finde ich mich wieder in einem ungewollten Wettkampf: sie wollen mir auf Teufel komm raus zeigen, dass sie schneller sein können als ich! Die Technik meines gut ausgestatteten Rades siegt jedoch auf kurz oder lang!

Umso überraschter sind wir, als wir auf Anraten hin in Mzuzu das Macondo Camp suchen. Hat sich wirklich ein Italiener hierher verirrt und im wahrsten Sinne der Worte seine Zelte hier aufgeschlagen? Oh, ja! Wunderschöne Safarizelte stehen in einem lauschigen Garten, leise Jazzmusik spielt im Restaurant, es gibt einen Spritz Aperol, echte hausgemachte Tortelloni, Tiramisu und eigens hergestellter Limoncello. Herrlich solche Überraschungen! Ich nehme es als Belohnung und Stärkung für die nächste anstrengende Tour.

Wir waren vorgewarnt: die Strecke zum See hinunter ist mit Bauarbeiten unterbrochen, jedoch befahrbar. Befahrbar mit dem Auto, mit einem Jeep ja, aber mit dem Fahrrad ist es unmöglich. Die Straße wird verbreitert und ist noch nicht geteert, es hat geregnet letzte Nacht und die rote, schöne, so typisch afrikanische Erde, ist eine einzige Schlammpfütze. Der rote Schlamm steht mir bis zu den Knöcheln während ich versuche, mein Rad zu schieben und alle 100 Meter anhalten muss, um die zentimeterdicken Placken aus den Bremsen und unter dem Schutzblech zu kratzen. Endlich erreichen wir ein kleines Dorf, die Straße ist nun wieder geteert, und man hilft uns freundlich mit Wassereimern aus, um die Räder wieder halbwegs zum Laufen zu bringen.

Der See gleicht alle Wogen wieder aus: so groß wie ein Meer, Süßwasser, tropische Vegetation schmückt die Ufer, es gibt ein paar kleine Hotels für die wenigen Touristen, die sich hier in die winzigen Dörfer verirren. Wir wohnen in Nkhata Bay im Mayoka Village, einer Anlage mit Bambushütten, die auf Pfählen über dem Wasser schweben und direkten Zugang zum See haben.Hier ist alles in europäischer Hand, und auch wenn es etwas verkommen aussieht, ist der Service und das Essen doch gut. Es werden Gratis-Schnorchelkurse angeboten.

Nach ein paar Tagen wohlverdientem Urlaub schiffen wir uns auf die Ilala ein, Malawis legendäres Fährschiff. Seit den fünfziger Jahren fährt dieses Boot ständig den See ab, es braucht eine Woche, um von einem Ende zum anderen zu gelangen und wird ausschließlich von Einheimischen genutzt um in ihre sonst unerreichbaren Dörfern am Seeufer zu gelangen. Außer den Großfamilien an Bord, wird u.a. so ziemlich alles transportiert, Säcke voll von Getreide und Mehl, Möbel, Tiere, Hab und Gut. Es gibt keine Anlegestelle, alles muss per Rettungsboote an Land und ans Schiff gebracht werden: eine wackelige Angelegenheit. Wir bringen uns, unsere Räder und die Satteltaschen heil aufs Schiff und genießen eine 12-Stunden-Fahrt quer über den See. In jedem kleinen Ort wird gehalten und die Personen und deren Gepäck unter waghalsigen Aktionen auf die kleinen Baumstämme-Kanus gepackt, die jeder Malawier besitzt um damit auf Fischfang zu gehen.

Wieder an Land geht es weiter gen Norden, Richtung tansanische Grenze. Eine angenehme Überraschung ist die Floja FoundationEigentlich wollten wir noch viel weiter fahren, es ist erst elf Uhr morgens, aber die wunderbare Lage dieses Campingplatzes und die Freundlichkeit ihrer holländischen Besitzer überzeugen uns, zu bleiben. Der Campingplatz ist nur ein kleiner Nebenerwerb, eigentlich kümmern sie sich um einen Kindergarten, der von holländischen Geldern gegründet und unterstützt wird. Ein sehr gutes und ehrliches Projekt, das mittlerweile über 100 Kindern die Möglichkeit gibt, schon vor der Schule etwas zu lernen und sorglos spielen zu können.

Am nächsten Tag machen wir dafür eine doppelte Tour und erreichen die Grenze zu Tansania (siehe Text Tansania).

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